Ein Thema für die Masterarbeit finden: Schritt-für-Schritt-Guide
- Dr. Miriam Pahl
- 16. Okt.
- 8 Min. Lesezeit
Du möchtest nun endlich ein Thema für deine Masterarbeit finden - aber wo sollst du anfangen? Wenn du diese Überschrift angeklickt hast, stehst du vermutlich kurz vor deiner Abschlussarbeit – vielleicht der Bachelorarbeit oder Masterarbeit – und das Thema steht noch nicht fest.
Damit bist du nicht allein. Die Themenwahl kann zu einer langwierigen Sache werden. Ich kenne einige, die deshalb ein oder zwei Semester länger eingeschrieben waren, einfach weil sie sich nicht entscheiden konnten. Eine Bekannte von mir hat in den letzten Monaten immer wieder gute Gründe gefunden, noch nicht mit der Themensuche anzufangen – aber eigentlich fehlte ihr vor allem der Mut, sich festzulegen.
Dass du diesen Text liest, ist ein erstes gutes Zeichen, dass du jetzt ernsthaft loslegen willst: Du nimmst das Thema jetzt wirklich an und suchst nach einer klaren Vorgehensweise, um endlich dein Thema zu finden. Das ist großartig – und genau dabei möchte ich dich unterstützen.

In diesem Beitrag zeige ich dir,
was ein gutes Thema kennzeichnet
welche Fragen du dir stellen kannst, um passende Themenideen zu entwickeln,
und wo du gezielt recherchieren kannst, um von der groben Idee zu einem spannenden, tragfähigen Thema zu kommen.
Was macht ein gutes Thema aus?
Ein Thema für deine Abschlussarbeit sollte in deiner Disziplin angesiedelt sein. Das ist fast selbstverständlich, wird aber so oft falsch gemacht dass es erwähnt werden kann. Dein Thema sollte außerdem gesellschaftlich und wissenschaftlich relevant sein. Das erkennst du daran, dass es dazu bereits Studien und Literatur gibt, an die du mit deiner Arbeit anschließt. Manche Themen sind brandaktuell, so dass es bisher keine (veröffentlichten) wissenschaftlichen Studien gibt. Wenn diese Themen aber in der Öffentlichkeit diskutiert werden, ist das ein Anhaltspunkt, dass sie gesellschaftlich relevant sind und wissenschaftlich untersucht werden sollten.
Ein gutes Thema lässt sich gut wissenschaftlich bearbeiten - in der vorgegebenen Zeit und unter den weiteren geltenden Bedingungen. Das heißt, der nötige Zugang zu den Daten ist gegeben, das Projekt ist machbar und die Ressourcen zur Bearbeitung sind ebenfalls vorhanden. Ein Beispiel: Du möchtest über die Aufarbeitung der NS-Zeit in Konzentrationslagern schreiben und müsstest dafür mehrere Gedenkstätten besuchen. Wenn das zeitlich und finanziell einfach nicht machbar ist, könntest du dich auf ein oder zwei Gedenkstätten einschränken und eine weiter gefasste Betrachtung für deine spätere Doktorarbeit planen ;-). Wenn du Interviews planst, sollte es für dich machbar sein, mit den Interviewpartnern in Kontakt zu kommen.
Dein Thema und deine konkrete Forschungsfrage müssen einen Beitrag zur Wissenschaft leisten können, der zumindest in einem konkreten Aspekt neue Erkenntnisse liefert. Das müssen keine bahnbrechenden Erkenntnisse sein - Wissenschaft geht in kleinen Schritten voran.
Dein gewähltes Thema sollte dich außerdem so sehr interessieren, dass es dich durch die Arbeit trägt. Aber Achtung - und jetzt kommt eine eher unkonventionelle Empfehlung: Es sollte kein Thema sein, dass du schon durch und durch kennst. Wenn du ein Dir neues Thema wählst, fällt es dir leichter, die relevantesten Definitionen und Zusammenhänge zu erkennen und für deine Leserschaft aufzuarbeiten. Noch viel wichtiger: Eine Anforderung für eine gelungene Arbeit ist, dass du eine wissenschaftliche Distanz zu deinem Thema behältst. Das gelingt dir besser, wenn dir das Thema nicht zu nahe steht.
Außerdem ist wichtig, dass das Thema eng formuliert wird. Wissenschaftliche Projekte sollen in die Tiefe gehen, nicht in die Breite, und dafür ist eine Einschränkung auf eine sehr konkrete, handhabbare Forschungsfrage erforderlich.
Handhabbar und hinreichend eng
Die Forschungsfrage leitest du aus deinem Thema ab, und sie ist quasi der konkret formulierte Forschungsauftrag, den du dir in deiner Arbeit gibst.
Wie kann ich schnell ein gutes Thema für die Masterarbeit finden?
Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, um ein Thema für die Masterarbeit zu entwickeln. Wichtig ist bei der Themenwahl, dass du wendig und offen bleibst und noch nicht zu sehr in die Tiefe gehst. Stattdessen solltest du mögliche Themen und Fragestellungen hinterfragen, überdenken und gegebenenfalls schnell verwerfen.
Du kannst zum Beispiel an deine berufliche Praxis anknüpfen und eine Forschungsfrage ausarbeiten, die sich in Anlehnung an deine berufliche Tätigkeit stellt. Das ist eine gängige und vorteilhafte Vorgehensweise, vor allem wenn du berufsbegleitend studierst. Wichtig ist dabei allerdings, dass deine Fragestellung und Methode wissenschaftlich ist, und du möglichst an einen wissenschaftlichen Forschungsstand anknüpfen kannst, selbst wenn die Frage von deiner beruflichen Praxis inspiriert ist.
Ein anderer Ansatz: Du kannst Inspiration in vergangenen Modulen, Seminaren oder Literatur finden. Während deines Studiums hast du sicherlich zu Themen gearbeitet, die du besonders interessant fandest. Es lohnt sich, dort genauer hinzuschauen und ein Thema zu vertiefen, dass dich auch vorher schon gefesselt hat.
Ein besonders lohnender Weg ist die folgende Strategie, die Harald Rau in seinem Buch "Der neue Writing Code" empfiehlt. Mit dieser Strategie stellst du sicher, dass dein Thema aktuell ist und deine Fragestellung bisher nicht bearbeitet wurde:
Suche Dir ein oder zwei anerkannte Journals aus deinem Bereich aus, aus denen ihr vielleicht im Studium bereits Artikel gelesen habt.
Sammel die aktuellen Artikel zu deinem Wunschthema, die in den letzten zwei Jahren erschienen sind
Scanne diese Artikel, in dem du zuerst den Abstract liest und das Quellenverzeichnis durchschaust. Wähle vielversprechende, interessante Artikel aus.
Lies die ausgewählten Artikel aufmerksam mit einer aktiven Lesehaltung. Achte auf Nebenthemen und Nebenfragen, die in diesen Studien nicht behandelt werden. Entwickle die Studien eigenständig weiter: Welche neuen Fragen werfen sie auf? Könnte eine andere Methode andere oder neue Erkenntnisse gewinnen?
Nimm dir ganz bewusst zwei Stunden Zeit, um über deinen Notizen zu diesen Texten zu brüten. Schreibe mögliche Fragestellungen auf, überlege, welche Erkenntnisse du daraus ermitteln könntest, und komm so deinem endgültigen Thema näher
Noch ein alternativer Weg:
Nicht das Thema wählen, sondern den Menschen: Wenn eine bestimmte Person aus dem Professorium bzw. unter den Lehrenden dich besonders überzeugt - menschlich sowie fachlich - dann spricht auch nichts dagegen, dass du dich bemühst, mit dieser Person zusammenzuarbeiten. Dazu solltest du dir den Themenbereich dieser Lehrkraft genauer anschauen: Recherchiere die wissenschaftlichen Veröffentlichungen dieser Person und gehe dann nach dem oben vorgestellten Prinzip vor.
Ich empfehle dir, dass du nicht zu früh auf den oder die Auserwählte zugehst, sondern vorher fachlich Eigeninitiative zeigst, so dass du mit einem oder zwei konkreten Vorschlägen Kontakt aufnehmen kannst. Viele Dozent*innen haben sehr viele Betreuungen, und nicht die Kapazitäten mit einzelnen Studierenden bei null anzufangen. Es kann natürlich sein, dass dein Vorschlag im Gespräch weiter- oder in eine ganz andere Richtung entwickelt wird - aber ich bin mir sicher, dass du einen besseren Eindruck machst, wenn du schon konkrete Ideen vorweisen kannst.
Welche Fragen kann man sich stellen, um zu einem Thema zu finden?
Auf welchen Texten aus dem Seminar habe ich besonders lange herumgekaut?
Zu welchen Texten habe ich selbstmotiviert weiterrecherchiert, um das Thema besser zu verstehen?
Welche Fragen stellen sich in meiner beruflichen Praxis, in meinem Arbeitsfeld, die wissenschaftlich spannend sind?
Dein Thema und deine Forschungsfrage - wie gehören die zusammen?
Für eine Bachelorarbeit oder Masterarbeit muss ein Thema immer konkret als Forschungsfrage formuliert werden, damit es in drei oder sechs Monaten wissenschaftlich aufgearbeitet werden kann. Die Frage "Zu welchem Thema schreibst du?" solltest du als gleichbedeutend mit der Frage "Was ist deine Forschungsfrage?" verstehen. Das bedeutet aber nicht, dass es reicht, ein Thema zu finden und du keine Forschungsfrage brauchst. Vielmehr meine ich damit, dass du bei der Suche nach deinem Thema direkt auch deine Forschungsfrage definieren solltest.
Die Frage nach dem Thema ist irreführend und führt dazu, dass Studierende meinen, alles zu einem bestimmten Thema lesen, verstehen, und in ihre Arbeit hineinschreiben zu müssen. Diese Arbeiten ufern besonders in der Einleitung und im Theorieteil aus und enthalten Abschnitte, die nicht auf die Forschungsfrage einzahlen. Eine Abschlussarbeit kann ein fokussiertes, schlankes Projekt sein, wenn man sich auf die Aspekte konzentriert, die wirklich relevant sind. Dazu möchte ich dich ermutigen.
Hier weiterlesen?
FAQ: Themenwahl für die Abschlussarbeit
Muss die Forschungsfrage feststehen, bevor ich mein Exposé einreiche?
Du solltest deine Forschungsfrage möglichst früh festlegen. Wenn du deine Forschungsfrage früh festlegst, ersparst du dir viel unnötige Arbeit. Eine konkrete Forschungsfrage ist die Basis für das Konzept der Abschlussarbeit. Aus ihr ergeben sich ganz logisch die Inhalte des Theorieteils, die Methode lässt sich leicht ableiten und der wissenschaftliche Beitrag ist klar absehbar.
Ich habe selbst schon Hausarbeiten geschrieben, bei denen ich erst kurz vor der Abgabe eine Forschungsfrage in die Einleitung gebastelt habe, die einigermaßen zu meinem Textkörper passte. Dieses Vorgehen empfehle ich nicht, denn es ist viel Arbeit, deine Argumentation nachträglich auf die Forschungsfrage auszurichten.
Die Forschungsfrage bildet die Leitplanken für die Arbeit, die du leistest: Recherche, Lesen, Schreiben. Für alle Arbeitsschritte ist klar eingegrenzt, worauf du dich fokussieren musst. Ohne Forschungsfrage ist es schwieriger, einen Ansatz oder Zugang zu deinem Thema zu finden, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass du versuchst, alles zusammenzutragen und aufzuschreiben, was du zu deinem Thema findest. Dennoch kann die Forschungsfrage sich später noch verfeinern oder konkretisieren.
Muss ich mein Thema schon fix haben, bevor ich mit meinem Betreuer spreche?
Nein, du kannst mit einer groben Themenidee oder mehreren Vorschlägen ins Gespräch gehen. Betreuer:innen helfen oft bei der Eingrenzung und haben vielleicht auch konkrete Vorstellungen, welche Fragestellungen vielversprechend sind. Es ist aber hilfreich, vorher schon überlegt und grob recherchiert zu haben.
Kann ich das Thema meiner Abschlussarbeit später noch ändern?
Solange das Exposé oder die Anmeldung der Arbeit noch nicht offiziell eingereicht ist, kannst du dein Thema noch ändern oder anpassen. Danach ist eine Änderung meist nur mit Genehmigung und Begründung möglich. Ich empfehle, wenn möglich, auf der Anmeldung nur den Haupttitel der Arbeit einzutragen, und einen möglichen Untertitel später festzulegen.
Darf ich ein Thema aus meinem Berufsumfeld wählen?
Ja, das hat mehrere Vorteile – besonders bei berufsbegleitenden Studiengängen. Du hast einen Zugang zu Versuchs- oder Interviewpersonen, wichtiges Hintergrundwissen, und vielleicht ermöglicht dir die Bearbeitung eines Themas aus deinem Berufsfeld eine neue Position. Wichtig ist aber, dass du wissenschaftlich bleibst und nicht nur beschreibst, was in deinem Betrieb passiert.
Wie viel Einfluss hat mein Betreuer auf die Themenwahl?
Das hängt vom Studiengang und deiner Betreuungsperson ab und lässt sich nicht pauschal beantworten. Manche Institute geben Themen vor, andere lassen völlige Freiheit. In jedem Fall muss dein Betreuer dein Thema genehmigen – daher ist ein Mindestmaß an Abstimmung wichtig.
Wie finde ich ein Thema, wenn ich gar keine Idee habe?
Meine spontanen Ideen: Schau in alte Seminararbeiten, prüfe Themen aus Modulen, die dich interessiert haben, oder lies aktuelle Fachartikel. Auch berufliche Fragestellungen oder gesellschaftliche Trends können inspirieren. Ich habe dazu auch weiter oben in diesem Artikel etwas geschrieben.
Wie konkret muss mein Thema im Exposé formuliert sein?
Konkret genug, dass Ziel, Forschungsfrage und Vorgehensweise nachvollziehbar sind. Du musst aber noch nicht jedes Detail kennen – kleine Anpassungen im Laufe der Arbeit sind üblich.
Kann ich ein Thema wählen, zu dem es schon viele Arbeiten gibt?
Prinzipiell ja, wenn du eine neue Perspektive wählst (z. B. einen anderen Kontext, eine andere Methode oder einen anderen theoretischen Zugang). Es muss nicht völlig neu sein, aber du solltest begründen, was dein eigener wissenschaftlicher Beitrag ist bzw. welche neuen Erkenntnisse aus deiner Arbeit gewonnen werden.
Kann ich mein Thema aus einer Seminararbeit weiterentwickeln?
Ja. Das ist sogar ein guter Weg, weil du schon Literatur und Grundwissen hast. Wichtig ist nur, dass du den Fokus vertiefst und keine reine Wiederholung schreibst.

Über mich:
Ich bin Miriam, Expertin für wissenschaftliches Arbeiten, Lektorin für wissenschaftliche Texte und Schreibberaterin aus Bremen.
Mit meinem Lektorat Am Schreibtisch unterstütze ich Studierende und Doktorand:innen bei ihren Abschlussarbeiten und bei der Veröffentlichung ihrer ersten Fachartikel.
Mein Fokus liegt dabei auf einem präzisem Ausdruck, der komplexe Sachverhalte verständlich vermittelt.
Du willst, dass deine wissenschaftliche Arbeit nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern fundierte, analytische Argumentationen entwickelt? Dann schreib mir eine Nachricht - und lass uns in unserer Zusammenarbeit deine Forschung erfolgreicher machen.
Möchtest du ganz konkret über deine Themenideen sprechen und mit mir ein Thema und eine Fragestellung erarbeiten? Melde dich gerne für ein unverbindliches Erstgespräch, in dem wir deinen Bedarf klären können.
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