Forschung mit Fokus: Wie definiere ich die Forschungsfrage für meine Abschlussarbeit?
- Dr. Miriam Pahl
- Mar 8, 2024
- 5 min read
Updated: Jan 7
In diesem Blogpost geht es um den Kern deiner Arbeit: Deine konkrete Forschungsfrage. Ich erkläre dir hier, warum die Forschungsfrage so unglaublich wichtig ist, stelle dir Strategien vor, wie du deine Forschungsfrage bestimmen kannst, und gebe dir Tipps, wie du deine Frage auf den Prüfstand stellen kannst. Los geht's!

Erfolgreiche Forschung beginnt mit der richtigen Frage
Deine Forschungsfrage ist das Herzstück deiner wissenschaftlichen Arbeit. Eine konkrete Forschungsfrage hält die Teile deiner Arbeit zusammen, die zielgerichtet zur Klärung dieses einen Aspektes beitragen. Ohne konkrete Forschungsfrage hängen die Teile lose zusammen, sie reißen unterschiedliche Fragestellungen an, aber sie können nicht den gleichen wissenschaftlichen Beitrag leisten wie eine konkrete Frage das ermöglicht.
Eine klar definierte Forschungsfrage unterscheidet sich maßgeblich von einem groben Thema. Das Thema ist hilfreich, um das Feld deiner Arbeit abzustecken, aber es reicht nicht für eine klare Absicht und Struktur, die deine Thesis haben soll. Die Forschungsfrage gibt einerseits an, was in deiner Arbeit geklärt, andererseits stellt sie klar, welche verwandten Fragen nicht beantwortet werden.
Viel zu viele Studierende fangen an zu schreiben, bevor sie sich auf eine konkrete Forschungsfrage festgelegt haben. Allerdings: Die Arbeit, die man nicht in die Entwicklung und Abgrenzung der Forschungsfrage investiert, fällt einem doppelt vor die Füße, wenn man sich quasi im Blindflug durch die Forschungsliteratur arbeitet. Eine festgelegte Route erspart dir viel Arbeit und fungiert als Leitfaden für die einzelnen Punkte, die du in deiner Abschlussarbeit abarbeiten musst. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass du dich am Anfang deiner Arbeit auf eine Frage festlegst, anstatt sie nachträglich und eher kosmetisch einzuarbeiten.
Auf dem Weg zu mehr Klarheit: So definierst Du deine Forschungsfrage
In einem vollgepackten Alltag mit Erwerbsarbeit, Studium und vielleicht noch Familie hat man eigentlich keine Zeit, sich hinzusetzen und nachzudenken. Die nächsten Aufgaben klopfen schon an, die Wäsche ruft, sie muss gewaschen werden, auf dem Weg zur Waschmaschine noch eben die Jacken der Kinder aufhängen. Von all diesen Anforderungen muss man sich freimachen, um etwas zu tun, dass sich erstmal gar nicht produktiv anfühlt: Reflektieren.

Reflektion ist der erste Schritt zu einer Forschungsfrage, die die Marschroute für deine Arbeit vorgibt und auch deine Arbeit mit der Literatur zum Thema bestimmt. Du musst Zeit investieren, um eine gute, präzise und umsetzbare Forschungsfrage entwickeln zu können. Wenn du bereits ein Themenfeld, aber keine konkrete Forschungsfrage hast, kannst du erstmal grob recherchieren und dich in Aspekte einlesen, die dich interessieren. Dabei solltest du sehr aufmerksam sein für Widersprüche, Probleme und Forschungslücken, die vielleicht untersuchbar wären. Wenn du ein dir bereits vertrautes Thema bearbeitest, kannst Du auf folgende Weise deiner Forschungsfrage näherkommen:
1. Judith Wolfsberger empfiehlt freies Schreiben zu bestimmten Fragen, um einen Fundus des eigenen Wissens zu erstellen und daraus eine Fragestellung abzuleiten. Beim freien Schreiben zu Fragen wie „Welche Überlegungen, Beobachtungen, Erkenntnisse haben dich auf dieses Thema neugierig gemacht?“ oder „Worauf willst Du hinaus? Worum geht es dir im Kern?“ konzentrierst du dich auf die Inhalte und stellst Formulierungen und sprachliche Details in den Hintergrund. Folge einfach deinen Gedanken. Deine so entstandenen Texte kannst du auswerten und auf untersuchbare Aspekte prüfen
2. Was du beim Freewriting schriftlich machst, kannst du mit deinen Freund*innen oder in einem Kolloquium auch mündlich machen: Bereite eine 10-minütige Präsentation vor, in der du dein Wissen und alles was dich an deinem Thema interessiert vorstellst. Danach kannst du alle bitten, in 10 Minuten alle potentiell untersuchbaren Fragen aufzuschreiben, die ihnen einfallen.
Du solltest auf jeden Fall viel Zeit - mehr Zeit als dir wahrscheinlich lieb ist -investieren, um deine Forschungsfrage zu entwickeln und festzulegen. Die Wahl der Forschungsfrage bedeutet gleichzeitig, die vielen anderen Fragen, die du in die engere Wahl gezogen hast, und deren Beantwortung auszuschließen. Das ist fast genauso wichtig, denn das kann ein schmerzhafter Abschied sein von interessanten Fragen, die man ebenso gerne verfolgen würde. Versuche aber besser nicht, diese B-Ware und die Gedanken, die du dir dazu schon gemacht hast, doch noch irgendwie in deine Arbeit einzuschmuggeln. Setze ganz klar deinen Fokus und schiebe alles andere zur Seite.
Narrow it down! More focus!
Ein üblicher Fehler, der Studierenden auch die Arbeit erschwert, ist, dass die Forschungsfrage zu weit gefasst ist und das Forschungsprojekt deswegen schwer umzusetzen ist. Es gibt mehrere Möglichkeiten zur Eingrenzung einer Forschungsfrage.
Zeitlich: Gegenwärtige Geschlechtervorstellungen oder die aus den 1920er Jahren,
Räumlich: In Südafrika, der DDR, in Berlin
Methodisch: qualitativ, quantitativ, durch narrative Interviews, etc.
Unter Berücksichtigung von: einer bestimmten Theorie, einem Aspekt o.ä.
Vergleich oder Einzelfall:
Theoretische Perspektive / Betrachtungsebene: sozial, psychologisch, soziologisch, politisch, strukturell, ökonomisch, historisch
Die Forschungsfrage für eine Bachelorarbeit muss sehr eng gefasst sein, denn du hast weder die Zeit, dich mit einer weit gefassten Frage auseinandersetzen, noch hast du den Platz in deiner Arbeit, alles lang und breit zu erläutern. Es ist auch einfacher, eine Frage im Laufe der Arbeit zu erweitern, anstatt sie einzugrenzen. Aber vermutlich wird das nicht nötig sein, denn auch eine eng gefasste Forschungsfrage wird letztendlich ein größeres Projekt sein als man am Anfang denkt.
Im Kreuzverhör: Drei Fragen an deine Forschungsfrage
Du kannst deine Forschungsfrage mit drei einfachen Fragen auf den Prüfstand stellen, um mehr Klarheit für deine Arbeit zu bekommen:
1. What?
2. So what?
3. Now what?
Als erstes muss dir klar sein, was genau deine Forschungsfrage ist. Was genau möchtest du herausfinden? Welchen konkreten Aspekt in deinem Forschungsfeld wirst du untersuchen? Die Antwort auf diese Frage solltest du jederzeit parat haben und auf Knopfdruck herunterbeten können.
Die zweite Frage ist: Na und? Was bringt uns das? Hier geht es um die wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz deiner Frage. Für wen ist das wichtig und wieso? Diese Frage kannst du dir unendlich oft stellen, um an den Kern zu gelangen.
Indem du die letzte Frage „Und jetzt?“ beantwortest, kannst du einen Ausblick geben, welche Konsequenzen deine Ergebnisse haben können. Was kann in der Praxis, in Methoden, Technologien oder Konzepten entwickelt oder verbessert werden, um den Ergebnissen deiner Forschungsarbeit gerecht zu werden?
Von der Frage zum Inhaltsverzeichnis
Die Elemente deiner Forschungsfrage geben die Struktur deiner Arbeit vor; Du kannst also dein Inhaltsverzeichnis daraus ableiten. Während du die eigentliche Frage in ein bis zwei Sätzen stellen können solltest, fächert die Beantwortung der Frage sich in deiner Arbeit auf: Du musst wissenschaftlich und fachlich fundiert herleiten, wieso diese Frage sich stellt, ihre Relevanz darstellen und erklären, auf welche Art und Weise du sie beantworten wirst. Alle Kapitel und Unterkapitel deiner Arbeit müssen einen direkten Bezug zu deiner Frage haben. Zum Ende der Arbeit klappst du den breiten Fächer nach und nach wieder ein und ziehst die Elemente in der Beantwortung deiner Frage bzw. deinem Fazit wieder zusammen.
An welchem Punkt stehst Du gerade in deiner Abschlussarbeit? Wenn du Lust hast, dich bezüglich deiner Forschungsfrage mit mir zusammenzusetzen, lass uns gerne mal sprechen!
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