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Sehr gute Vorsätze für noch bessere Texte in 2025

  • Dr. Miriam Pahl
  • Jan 6
  • 3 min read

Ich bin seit langer Zeit über Firmenfitness in einem Fitnessstudio angemeldet, und alle Jahre wieder ist dort im Januar die Hölle los. Es ist die Zeit der guten Vorsätze. Zum neuen Jahr wollen wir uns alle wieder besser ernähren, mehr Sport machen und weniger Alkohol trinken. Ich plädiere dafür, dass wir uns auch für unser Schreiben, und erst recht für unsere wissenschaftlichen Texte, gute Vorsätze machen – die wir im besten Fall nicht am Ende des Monats verwerfen, wenn es im Fitnessstudio wieder ruhiger wird, sondern durch das gesamte Jahr tragen.


Teller mit mehreren Stückchen Kuchen
Hier geht es ja nicht um gesunde Ernährung, sondern um "gesunde" Texte.

Hier sind meine Vorschläge:

  1. Regelmäßig schreiben: Nicht nur fachlich, sondern auch zu allen anderen Gelegenheiten. Regelmäßiges privates Schreiben (z. B. Journaling oder Morgenseiten) übt den Flow aus dem Kopf aufs Papier. Das sogenannte „low-risk writing“, also das Schreiben von Texten bei dem es nicht um gute Noten geht und auch sonst nichts auf dem Spiel steht, schafft Gewöhnung und ein gewisses Wohlbefinden beim Schreiben. Wer selten schreibt, dem fällt es umso schwerer, wenn dann ein bestimmter Text in einer bestimmten Zeit hergezaubert werden muss.  

  2. Passendere Überschriften: Diese Teile des Textes verdienen mehr Aufmerksamkeit, denn sie wecken Interesse und Erwartungen - wenn sie gut sind. Im Journalismus wird geraten, pro Stunde, die man mit einem Text verbringt, mindestens je 10 Minuten über die Überschrift nachzudenken. Da geht es darum, Aufmerksamkeit zu bekommen und zu halten - aber auch in der Wissenschaft soll eine Überschrift ihr Versprechen einhalten, Interesse erwecken und deswegen gut überlegt sein.

  3. Mehr Fokus auf zwei Ebenen: Inhaltlich klarer sein, und beim Schreiben Ablenkungen minimieren. Klar, oder?

  4. Komplizierte Sätze: So lang wie nötig, so kurz wie möglich, aber immer lesefreundlich. Klug ist jener, der Schweres einfach sagt – so schrieb es Albert Einstein, und im englischen Wissenschaftsbetrieb ist das schon lange Konsens. In Deutschland gibt es dagegen immer noch den Ansatz, dass Kompliziertes auch kompliziert verpackt werden muss – aber letztendlich möchten wir doch, das unsere Texte Informationen vermitteln, und nicht, dass sie die Leserin frustrieren. Oder?

  5. Auf Füllwörter verzichten: Entweder beim Schreiben direkt drauf achten, oder (vorzugsweise!) beim Überarbeiten eliminieren. Füllwörter erfüllen in der Sprache einen bestimmten Zweck, und auch beim Schreiben können sie in bestimmten Textsorten wirksam sein. Im wissenschaftlichen Schreiben sind sie aber nicht gern gesehen; sie verwässern die Aussage und nehmen unnötig Platz weg. Außerdem können sie Unsicherheit vermitteln. Ist ein verdächtiges Wort ein Füllwort? Wenn du es weglässt und die Aussage des Satzes sich nicht verändert, dann hast du grad höchstwahrscheinlich ein Füllwort entsorgt.

  6. Nicht nur positiv denken, sondern auch positiv formulieren. Bei Verneinungen oder gar doppelten Negationen muss eine Leserin um die Ecke denken: Er ist nicht abgeneigt … meint: Er möchte das. Und letzteres ist viel einfacher zu fassen, zu be-greifen. Positive Formulierungen können schneller verstanden werden und verbrauchen so weniger Hirnkapazitäten. That’s the way to go.

  7. Abstand nehmen: Wichtige Texte - das gilt für Abschlussarbeiten wie für wichtige E-Mails: Sie brauchen Zeit und Distanz. Lass eine wichtige E-Mail gegebenenfalls von einer Vertrauensperson gegenlesen, und schlafe eine Nacht drüber bevor du sie noch einmal liest, verbesserst, und abschickst. Für deine wissenschaftliche Arbeit solltest du auf jeden Fall ausreichend Puffer einplanen, damit du selbst sie angemessen überarbeiten kannst und du sie vielleicht sogar noch von einer Kommilitonin oder einer professionellen Lektorin prüfen lassen kannst (jepp, I'm here ;-).

  8. Hilfstexte schreiben: In der Schreibwissenschaft werden Zwischentexte wie z. B. Exzerpte, Notizen von einem Brainstorming oder die Produkte vom fokussierten Freewriting "Hilfstexte" genannt. Texte, die zu besseren "richtigen" Texten verhelfen. In denen du deinen Standpunkt und deine Argumente entwickeln kannst, in denen du deine Wortwahl verfeinerst, in denen du schreibend nachdenkst. Hilf dir selbst mit Hilfstexten, wann immer du mit deinem Denken oder Schreiben nicht weiterkommst.


Ich wünsche Dir ein wundervolles neues Schreibjahr und alles Gute für 2025!

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