Monatsrückblick März 2025: Feministische Erkenntnisse für meine Arbeit
- Dr. Miriam Pahl
- 27 minutes ago
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Heute ist der 08. Mai, und ich bastel immer noch an diesem Blogartikel, der eigentlich Anfang April erscheinen sollte. Es fühlt sich tatsächlich so an, als wäre der April aus der Zeit gefallen - ich komme gar nicht hinterher, alles zu verarbeiten, was im März und April passiert ist. Dies als kleine Einleitung vor der eigentlichen Einleitung :)
Gleichzeitigkeiten der Erschöpfung
Diese Überschrift - Gleichzeitigkeiten der Erschöpfung - klingt sehr negativ, und entspricht gar nicht den Glücksgefühlen, die ich trotzdem auch im März gespürt habe. Der Monat war von dem großen Projekt UMZUG geprägt, und drumherum mussten so viele andere Bälle in der Luft - und ein kleines Kind im Arm - gehalten werden, so dass ich mich für diese Überschrift entschieden habe.

Reale Erschöpfung
Anfang März war unsere Tochter krank und über eine Woche lang zuhause. In solchen Phasen hängt sie an mir dran wie ein Hochleistungsmagnet; Papa darf fast nichts machen. Sie war jetzt auch ein kleines stures Böckchen, sie wollte nichts essen, nicht zur Toilette gehen, keinen Fiebersaft nehmen, jeder Akt eine Diskussion. Dies traf zusammen mit dem Endspurt auf der Baustelle: Die Zimmer wurden fertig gemacht, das alte Parkett abgeschliffen, die Küche geliefert und montiert. Es waren also auch noch viele Absprachen mit Handwerkern nötig, die auch immer volle Konzentration erfordern. Ich habe mich trotzdem nicht kindkrank gemeldet, weil die Woche danach, mit all den liegengebliebenen Aufgaben, noch anstrengender werden würde als die Woche, in der wir mit krankem Kind die Dinge bestmöglich am Laufen halten. Was das alles bedeutet? Die Woche war extrem fordernd. Ich war touched out, mental erschöpft, körperlich vom Tragen erledigt.
Fiktive Erschöpfung: Und alle so still von Mareike Fallwickl
Gleichzeitig: Ich las im März den Roman "Und alle so still" von Mareike Fallwickl. Die Grundidee des Buches, ganz knapp: Frauen legen sich einfach auf den Boden. Sie kaufen nicht mehr ein, erinnern nicht mehr an Arzttermine, pflegen nicht mehr, kochen keinen Kaffee, kaufen keine Geburtstagsgeschenke - sie liegen einfach auf dem Boden. Was macht das mit der Gesellschaft?
Das Buch hat mich erst nach 50 Seiten überzeugt, davor waren es mir zu viele Sachbuch-ähnliche Passagen, in denen mir all die Dinge erklärt werden, die ich sowieso schon weiß: Unfair verteilte Care-Arbeit, all die Gender-Gaps, Patriarchat, die Gesellschaft, das System ist von und für Männer gemacht. You are preaching to your choir - ich beschäftige mich mit diesen Themen spätestens seit ich Mutter bin.
Der Roman hat mich dann dennoch gepackt, weil es sehr gut geschrieben und sehr weit gefasst ist. Die Hauptpersonen sind eine Pflegerin, die in einem Krankenhaus arbeitet, eine junge Frau, die als Influencerin ihr Geld verdient und ein junger homosexueller Mann mit Migrationshintergrund, der sich mit schlechtbezahlten Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Das Buch erforscht also, wie die großen Konzepte Patriarchat und Kapitalismus in den Lebensrealitäten unterschiedlicher Menschen wirken - und überlegt, was passiert, wenn all die, die ausgenutzt und abgewertet werden, nicht mehr mitmachen. Es geht nicht nur um Mütter oder Eltern, wo man leicht abwinken könnte, naja, das ist ja nur ein paar Jahre so, dann sind die Kinder selbstständig und kümmern sich um sich selbst.
Erschöpfung in der Theorie
Und gleichzeitig: Als Gleichstellungsbeauftragte habe ich Anfang März einem Vortrag von Dr. Wiebke Vogelaar zum Thema "Equal Care in der Wissenschaft" zugehört. Wiebke arbeitet als Schreib- und Wissenschaftscoach vor allem mit promovierenden Müttern* zusammen, ihr Buch heißt "Schreiben trotz Care-Arbeit". Das Buch könnte womöglich auch "Schreiben und Care-Arbeit" heißen, denn das sind die großen Themen. Das kleine Wörtchen "trotz" verdeutlicht die Grundhaltung, die man vor allem als Mutter* einnehmen muss, wenn man wirklich schreiben möchte. Schreiben ist ein kreativer Prozess, der Konzentration, Zeit und Hingabe erfordert - alles Komponenten, die Mütter* sich aneignen, einfordern, erkämpfen müssen. Wer nur Zeitkonfetti zur Verfügung hat, kann nicht konzentriert arbeiten. Wenn die Matschhose, die noch bestellt werden muss, sich zwischen Theorien und Konzepte drängelt, die ich in meinem wissenschaftlichen Text gerade erklären möchte, dann erschwert das meine Arbeit erheblich.
Was bedeutet das alles für mich? Ganzheitliches, feministisches Schreibcoaching.
Der Vortrag, ebenso wie der Roman, haben mir geholfen, meine Situation einzuordnen und mich nicht selbst dafür fertig zu machen, dass ich gerade nicht alles schaffe. Bei mir ist in letzter Zeit einiges liegen geblieben, aber die Liste von Dingen, die geschafft wurden und gut gelaufen sind, ist noch viel länger.
Und darüber hinaus verdeutlicht es für mich: Ich möchte ganzheitlich mit Studierenden arbeiten. All die Produktivitätstipps und Ratschläge für bessere Selbstdisziplin müssen mit einbeziehen, dass wir Care-Arbeit leisten. Ich arbeite hauptsächlich mit berufsbegleitend Studierenden zusammen, die zu einem großen Teil nicht direkt nach dem Abitur studieren. Das heißt, sie sind in einer Lebensphase, in der sie bereits Kinder haben oder sich um ihre (Schwieger-) Eltern kümmern, neben dem Job und Studium. Deren Konzentration wird nicht von Social-Media-Apps gefressen, sondern von all den kleinen Aufgaben und der ständigen Verfügbarkeit, die ihre Mitmenschen brauchen. Das muss berücksichtigt werden, wenn man einen Plan für eine wissenschaftliche Arbeit macht. Das muss mitgedacht werden, wenn man ein Forschungsprojekt oder eine Weiterbildung in Angriff nimmt.
Und als dritter Punkt, der mir aus all diesen Facetten von Belastung und Erschöpfung klar wird: Wir haben noch viel zu tun in Richtung Gleichberechtigung. Frauen sind immer noch die, die mehr Care-Arbeit leisten, mehr Mental Load tragen, mehr emotionale Arbeit verrichten. Ich wünsche mir dabei gar nicht unbedingt mehr Gleichberechtigung "on the job" (klar, da auch) - ich finde Management-Positionen in Unternehmen, so wie sie von Männern ausgefüllt werden, gar nicht erstrebenswert. Aber ich wünsche mir, dass (mehr) Männer beruflich einen Gang runterschalten; sie für ihre Familien nicht erst um 17 oder 18 Uhr da sind; dass sie Verabredungen für ihre Kinder organisieren und denen beiwohnen, dass sie sanft sind und vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Kindern haben.
Dafür sind Veränderungen in der Arbeitswelt nötig, die von Frauen mitgestaltet werden.
Und deswegen möchte ich einen Teil dazu beitragen, dass vor allem Frauen bessere Abschlussarbeiten einreichen.
Wenn Du Unterstützung zur Erstellung deiner Abschlussarbeit - also Thesiscoaching - oder beim Überarbeiten deiner Bachelorarbeit, Masterarbeit oder einem Manuskript für einen Fachartikel brauchst - also ein professionelles Lektorat, und Lust hast mit mir zu arbeiten, dann schreib mir gerne!

Was im März 2025 sonst noch los war
Umzug: Nach sechs Monaten Renovierung und Handwerker-Management konnten wir passend zum Frühlingsanfang umziehen! Es gehört wohl dazu, dass es am Ende noch einmal stressig wird - umso schöner war es dann, die erste Nacht im neuen Zuhause zu schlafen.
Sonst noch etwas? Mir fällt nichts ein.
Mein Blog-Rückblick auf März 2025
Die oben genannten Umstände begründen, warum wirklich nicht viel passiert ist hier auf meinem Blog. Immerhin, zwei Artikel hat es gegeben:
In diesem Artikel erkläre ich, welche Merkmale bei einer wissenschaftlichen Arbeit gegeben sein müssen, um als wissenschaftlich zu gelten.
In diesem Monatsrückblick blicke ich auf ein paar Zahlen, die für und gegen eine Promotion sprechen können, und setze mich mit dem Thema KI und wissenschaftliches Schreiben auseinander.
Ausblick auf April 2025
Im April bin ich neben unserem wohlverdienten Familienurlaub bereits fast ausgebucht. Es stehen Lektorate an, und ich arbeite mit Studierenden, die im Mai ihre Abschlussarbeiten einreichen. Im Urlaub werde ich konzeptionell denken und mir überlegen, wo ich dieses Jahr noch hinmöchte, beruflich, in meiner Selbstständigkeit und Zusammenarbeit mit Studierenden.
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